Einweihung der Glasfenster in St.Kunigunde in Uttenreuth am 10.9.2006


 Predigtgespräch von Pfarrer Josef Dobeneck mit Johannes Schreiber

„Öffne dich!“, dieses Wort Jesu galt für den Taubstummen im Evangelium. „Öffne dich!“, das ist seitdem ein bleibender Auftrag an alle, die sich vom Glauben an Jesus berühren lassen. Es gilt für unsere Ohren und unseren Mund, für Augen und Hände, für unsere Herzen, für unsere gesamte Lebenseinstellung. Die Offenheit ist ein Kennzeichen für uns Christinnen und Christen. Denn in Jesus ist Gott offen geworden für uns Menschen. In Jesu liebender Offenheit dürfen wir als Menschen und Völker einander begegnen, z.B. auch im Urlaub.

Kirchenfenster sind seit alters her Zeichen für die Offenheit unseres Glaubens, gerade in ihren künstlerischen Darstellungen. Sie lassen uns etwas von Gott aufscheinen, durchscheinen. Sie lassen uns offen werden für Gott und füreinander.

In dem Sinn, haben Sie, lieber Herr Schreiber, schon viele Fenster mit religiösen Motiven geschaffen. Ihre Kunst hat uns beeindruckt. Deshalb bekamen Sie den Auftrag, zunächst einen Entwurf für unsere Kirchenfenster vorzulegen.

Welche Gedanken haben Sie zu diesem Entwurf angeregt, dass er gerade so und nicht anders wurde?


Liebe Anwesende

vorab meinen Dank, dass Sie gekommen sind, dass Sie sich auf die Fenster einlassen wollen. Ich freue mich, dass die Fenster nach so langer Zeit, die ersten Gespräche führten wir vor fast zwei Jahren, nun endlich da sind.

Ich arbeite seit fast 20 Jahren mit dem Werkstoff Glas und langsam begreife ich, was es mit dem Licht, seiner Farbtemperatur, seiner Wirkung auf Räume auf sich hat. Wenn ich einen Entwurf mache, versuche ich das Licht mitzudenken. Manchmal gelingt es. Ich erfinde nicht alles neu, ich baue auf. Ich befinde mich in dauernder Auseinandersetzung mit dem Glas und dem Licht. Manchmal geht diese Entwicklung in Riesenschritten, manchmal zögerlich tastend.

Ein Entwurf enthält daher all die Elemente einer Auseinandersetzung, in der ich mich zu dem Zeitpunkt befinde. Natürlich nehme ich Rücksicht auf den vorhandenen Raum, versuche also meinen Standpunkt dem Raum zuzufügen und seine Wirkung auszuloten. Ein Entwurf, eine Idee, ein Gedanke baut auf dieser steten künstlerischen Entwicklung auf. Vor fünf Jahren wäre dieser Entwurf nicht so geworden.

Glas ist ein vielfältiges Material, eigentlich gar nicht stofflich, weil ich das gefärbte Licht sehe in seinen Wirkungen. Lasse ich ein gefärbtes Glas transparent, kommt das Außen, ein Blau des Himmels, ein Baumriss mit in den Raum, mache ich die Farbe dicht, indem ich Flächen mattiere, bricht sich das Sonnenlicht in dieser matten Schicht und bringt sie zum Leuchten.

Ich wollte mit meinem Entwurf zwei Welten dieser Kunigunde zeigen. Auf dem Morgenfenster ein warmes, öffnendes Zugehen, im Idealfall ihre Zuwendung, ihr Herz; auf dem Abendfenster, die Unterscheidung wähle ich, weil die Abendsonne durch dieses Fenster scheint, ihre Dynamik, ihre Gabe, Geschehnisse zu beeinflussen und zu steuern, ihren Geist, ihre Spiritualität, das Mystische, das zu ihrem Wesen gehört, wie ihre Volksnähe. 

 Ihr Entwurf und ihre Gedanken hatten uns überzeugt; Sie hatten das Projekt ja mal an einem Samstag dem PGR und der KV vorgestellt.

Ein besonderer Punkt war dabei die Darstellung unserer Kirchenpatronin, der hl. Kunigunde. Das Patrozinium knüpft übrigens an die erste Kirche in Uttenreuth an, die an der Stelle der heutigen Matthäuskirche stand und der hl. Kunigunde geweiht war. Auch nach der Reformation bestand sie noch, als sie aber baufällig wurde, musste sie abgerissen werden; die neu erbaute Kirche wurde dem Evangelisten Matthäus geweiht. Als nach dem 2. Weltkrieg immer mehr Katholiken nach Uttenreuth kamen und 1965 eine eigene Kirche errichteten, griffen sie das alte Kunigundenpatrozinium auf, aber bis jetzt fehlte eine Kunigundendarstellung in unserer Kirche. Sie sollte nun endlich in den neuen Fenstern Wirklichkeit werden. Eine moderne Kunigundendarstellung, die in die Kirche und in die Fenster und auch in das Mosaik passt, stellte Sie, Herr Schreiber, sicher vor eine besondere Herausforderung.

 Ich durfte mich mit ihrer Geschichte auseinandersetzen, dazu gehört ihr politisches Wirken, die Legenden und Geschichten um ihre Person, ihr Rückzug ins Kloster nach dem Tod ihres Gatten Kaiser Heinrichs, ihre Vereinnahmung durch hilfesuchende Menschen bald nach ihrem Tod, die zu ihr beteten und sie schon vor ihrer Heiligsprechung als Volksheilige verehrten.

Aus dieser Vielzahl von Bildern floss das populäre Pflugscharwunder in den Entwurf ein, angedeutet durch die roten Farbflächen, die man mit glühenden Pflugscharen assoziieren kann. Die Gestaltung zeigt ihre Person daher barfuss. Im weiteren Sinne greifen die roten trapezförmigen Farbflächen auf die Struktur der Betonumrahmung mit ihren vorhandenen farbigen Gläsern und schaffen so eine Verbindung zu dem Vorhandenen des Kirchenraumes, sie binden das neue Fenster in den alten Bestand ein. Das Gleiche bewirken die blauen trapezförmigen Farbflächen im gegenüberliegenden Fenster.

Die Figur der Kunigunde wächst aus dem gelben Farbfeld heraus. In ihr sind angedeutet durch die Krone ihr Leben als Herrscherin, in der Verschränkung ihrer Hände und ihrem schlichten Gewand ihr Rückzug ins Kloster, ihr Abwenden vom Weltlichen.

Entscheidend sind ihre Größe und ihre Anordnung im Mittelfeld des Fensters. Der Chorraum der Kirche wird dominiert durch den großen Altar und die dahinter dargestellte Abendmahlszene des Wandmosaiks. Sie ist in die Verlängerung dieser Apostelachse eingeordnet. Sie wird als Heilige in ihre Nähe gerückt und mit ihnen in Verbindung gebracht. Sie wird dadurch eine Teilnehmende an diesem Abendmahl.

 Nach der Idee und den Entwürfen kam dann die handwerkliche Umsetzung in der Glaswerkstatt Rothkegel in Würzburg. Einige von uns haben Sie dort bei der Arbeit mal besucht – und wir waren sehr davon beeindruckt.
Es ist sicher für alle hier interessant, wie Sie diese Fenster geschaffen haben.

 Es war mir ein Ziel, die Fenster einzubinden in das Vorhandene der Kirche, in ihre Bildsprache, in ihre typische Farbigkeit. Daher wählte ich für die Umsetzung die Technik des Airbrushens, wörtlich übersetzt Luftpinsel, mir gefällt in diesem Zusammenhang der Begriff Luftmalerei. Eine Gestaltung mit durchgefärbtem Glas wäre zu präsent geworden, hätte den Chorraum, das Mosaik dominiert. Das Auftragen dünner transparenter Glasemaille auf transparentes Trägerglas ist farblich zwar präsent, aber nicht so prägnant und grafisch, wie zum Beispiel eine Bleiverglasung.

Ich modelliere mit der Luftmalerei das Licht. Ich verdunkle, ich bringe zum Leuchten. Auch die Technik der Sandstrahlung, bei der mit einem feinen Sand die Scheibe blickdicht, oder nur fein behaucht, mattiert wird, arbeitet mit Luft. Diese beiden Techniken ergänzen sich so und greifen, wie dafür geschaffen, auf die transparente Scheibe und gestalten das durchfallende Licht. Ich modelliere feine Übergänge von fast nicht wahrnehmbaren Gelb zu massiven Bernsteingelb. Ich wische blassblaue Farbe wieder vom Glas, verteile Pigmente mit dem Pinsel, überneble mit einem dunkleren Blau, um die zarten Farbflächen zu beleben, ihnen Dynamik zu geben.

Bei dem ganzen Prozess dient der Entwurf als permanente Hilfe, denn ich habe immer nur einen Ausschnitt, eine Scheibe im Ofen liegen. Das Pigment trocknet stumpf auf, transparent wird es erst, nachdem es bei etwa 600°C eingebrannt wurde. Danach wird mit dem Sandstrahlen auf die Malerei reagiert. Auf der anderen Seite der Scheibe mattiere ich Bereiche. Diese Stellen trüben das Glas, modellieren Übergänge, beleben Farbflächen. Dort wo der Sand auf farblose Bereiche trifft, wirkt er in der Durchsicht weiß bis gräulich. Dort wo er gefärbte Bereiche bedeckt, verändert er den Farbeindruck, da er das Tages- und Sonnenlicht bricht. Die Sonne projiziert das durch das Email gefärbte Licht auf die Mattscheibe der gesandstrahlten Fläche.

Die handwerkliche und künstlerische Umsetzung ist bei dieser Vorgehensweise kaum zu trennen. Das fertige Bild vom Fenster ist im Kopf, in der Vorstellung, ein Ideal, der Prozess des Luftmalens ist eine Annäherung daran. Es kann bei diesem Vorgehen fast nicht nachgearbeitet werden. Das birgt ein Risiko in sich, aber auch eine Chance, dass es gelingt, die Frische und Spontaneität der Idee zu erhalten, die das Glasbild erst „lebendig“ macht.  
 Zum Schluss:

Das „Öffne dich!“, an diesen Auftrag Jesu erinnern uns unsere Kirchenfenster.

Wie würden Sie deren Botschaft mit Ihren Worten zusammenfassen?

 Ich hoffe, dass sich das, was ich an Energie, an Substanz, an Zartheit den Scheiben zugefügt habe, spürbar ist. Ich denke, dass man diese Eigenschaften auch der hl. Kunigunde zuschreiben kann. Ich hoffe, dass die Fenster ihre Wärme weitergeben.

Vielen Dank


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